Der enttäuschend verlaufene Wettkampf liegt bereits vier Monate zurück, doch er hat für Marie-Louise Dräger schwerwiegende Folgen. Da die amtierende Ruder-Weltmeisterin aus Rostock bei den Europameisterschaften in Posen (Polen) mit ihrer damaligen Partnerin Ronja Fini Sturm (Brandenburg) nicht über Platz 13 hinauskam, fiel sie aus der Sportförderung für Top-Athleten. Auf Vorschlag des Deutschen Ruderverbandes (DRV) erhält die 39 Jahre alte Dräger lediglich noch eine Basisförderung von der Deutschen Sporthilfe. „Marie ist durch die EM in den unteren Kader gerutscht“, bestätigt Bundestrainer Ralf Holtmeyer (64).

Die Basisförderung ist vornehmlich für Nachwuchs- und Ergänzungskader gedacht. Sie garantiert einen Versicherungsschutz, einen Zugang zum Sporthilfe-Karriereportal sowie Seminar- und Serviceangebote. Finanzielle Zuwendungen fließen nicht. „Ich kann mir kostenlos Kompressionsstrümpfe oder Verpflegungspakete holen und Seminare besuchen, wie ich mich bewerbe – aber das brauche ich alles nicht“, sagt die alleinerziehende Mutter, die bei der Polizeiinspektion Rostock tätig ist.

Finanziell auf dem Trockenen sitzt Marie-Louise Dräger nicht. Ihr Verein, die Schweriner Rudergesellschaft, unterstützt die gebürtige Lübeckerin. Als Mitglied im Olympia-Team MV erhält die fünfmalige Welt- und zweifache Europameisterin 150 Euro monatlich. Seit Oktober 2019 ist sie Mitglied im Ospa-Sportteam. Ein Glücksfall für die Weltmeisterin, die nach ihrem Triumph im nichtolympischen Leichtgewichts-Einer die Kosten für Trainingslager, Wettkampf und Unterkunft – insgesamt 8000 Euro – aus eigener Tasche zahlen sollte.

Ob finanziell oder sportlich – Marie-Louise Dräger, die seit über 20 Jahren zu den besten Leichtgewichtsruderinnen der Welt gehört, hat bislang alle Schwierigkeiten gemeistert. Sie lebt ihren Traum von Olympia. Tokio sollen ihre fünften Sommerspiele und der krönende Abschluss ihrer Karriere werden.

Dafür hat sie sich eine neue Partnerin ins Boot geholt: Katrin Volk. Die 22 Jahre alte Studentin aus Ulm ist auf dem Ruder-Ergometer die deutsche Nummer zwei hinter Dräger und bringt internationale Erfahrung mit. Im vergangenen Jahr holte die zweimalige U-23-Vizeweltmeisterin EM-Silber mit dem Leichtgewichts-Doppelvierer.

Eigentlich wollte der neu formierte Nord-Süd-Doppelzweier in dieser Woche die ersten Trainingskilometer absolvieren. Doch das Wetter spielt nicht mit. Die Warnow ist vereist. In Ulm (Baden-Württemberg) ist Rudern aufgrund von Hochwasser derzeit nicht möglich.

Doch Wetter-Besserung ist in Sicht. Dräger plant, am Wochenende zum Training ins 825 Kilometer entfernte Ulm zu reisen. Und dann geht es Vollgas in Richtung Saisonstart. Vom 24. bis 26. März findet in Köln der nationale Ausscheid statt. Der siegreiche Doppelzweier qualifiziert sich für die Europameisterschaften vom 9. bis 11. April in Varese (Italien). Fünf Wochen später geht es in Luzern um die Olympia-Tickets.

© Stefan Ehlers