Berlin Nicht einmal von Außenminister Heiko Maas hatte sich Lea Sophie Friedrich am Sonnabend ablenken lassen. „Ich wusste, dass es ein Politiker war. Aber das muss man ausblenden, man kann sich da nicht verrückt machen lassen und einen Smalltalk anfangen. Da muss man sich auf den Wettkampf konzentrieren“, sagte die 20-Jährige vom Schweriner SC zu der Begegnung kurz vor ihrem Triumph über die 500-Meter-Distanz bei der Bahnrad-WM in Berlin.

Historisches hat Friedrich geschafft,   mit 20 Jahren und 53 Tagen ist der Schützling von Trainer Ronald Grimm die jüngste Weltmeisterin über diese Distanz. Sogar Rekord-Weltmeisterin Anna Meares aus Australien war bei ihrem ersten 500-Meter-Erfolg 2004 ein paar Monate älter. Für die Mecklenburgerin war es in Berlin bereits der zweite WM-Titel, nachdem sie beim goldenen Auftakt im Teamsprint in der Qualifikation zum Einsatz gekommen war. 

„Ich kann es nicht beschreiben. Geil, noch ein Gold. Das ist unfassbar. Ich bin so stolz, dass wir das rocken konnten“, sagte Friedrich auch mit Blick auf ihre so überragende Teamkollegin Emma Hinze. So freut sich Vorgängerin Kristina Vogel bereits auf die nächsten Jahre, wenn sich Friedrich und Hinze duellieren. „Das wird spannend“, sagte die zweimalige Olympiasiegerin.

Vogel, seit ihrem schlimmen Trainingsunfall 2018 querschnittsgelähmt, hält große Stücke auf Friedrich. „Sie hat diesen Winter die Ausbildung bei der Bundespolizei gemacht. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass dies sehr viel an den Nerven und der Leistung zehrt. Für das Gesamte ist die Ausbildung extrem wichtig, für diese WM war es hinderlich“, sagte die einstige Sprint-Königin und ergänzte: „Als ich fertig war, ist bei mir eine Art Bombe geplatzt. Das wird bei Lea auch passieren.“

Und dann ist da noch Pauline Grabosch (Erfurt), die im Teamsprint brillierte und über 500 Meter Platz vier belegte.  So bekommt Bundestrainer Detlef Uibel für Olympia ein Luxusproblem. „Der Bundestrainer hat eine schwere Entscheidung zu treffen mit uns dreien. Es können ja nur zwei starten. Aber ich denke, ich habe gute Chancen“, sagte Friedrich.

Dank eines beeindruckenden Schlussspurts stoppte auf dem leider nicht olympischen halben Kilometer die Uhr bei Friedrich nach 33,121 Sekunden – Jessica Salazar Valles aus Mexiko (33,154), die Italienerin Miriam Vece (33,171)  und Pauline Grabosch (33,179) hatten das Nachsehen. 

Gestern sorgten Lea Sophie Friedrich und vor allem Emma Hinze im Keirin dann noch für einen vielumjubelten Schlusspunkt der WM. Hinze stemmte sogar vor lauter Freude ihre Rennmaschine in die Luft und schüttelte ungläubig den Kopf. Die erst 22 Jahre alte Sprinterin hat sich in einem Finale furioso zur Bahnrad-Königin von Berlin gekrönt und das historische WM-Triple von Kristina Vogel aus dem Jahr 2014 wiederholt. Hinze holte sich unter großem Jubel im Kampfsprint Keirin ihren dritten Weltmeister-Titel, nachdem sie zuvor schon Gold mit der Mannschaft und im Sprint gewonnen hatte. 

Den Endlauf der besten  sechs  hatte auch Lea Sophie Friedrich mit Laufsiegen in der ersten Runde und im Viertelfinale sowie Platz drei in ihrem Halbfinale erreicht. Am Ende blieb es für die 20-Jährige diesmal bei Platz sechs.