Madsen bringt Rostock ins Gespräch

Nachdem 14 Städte aus dem Ruhrgebiet – darunter unter anderem Dortmund, Köln, Düsseldorf und Essen – eine gemeinsame Bewerbung für die Spiele 2032 angekündigt hatten, ging auch Rostocks Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen in die Offensive: Fußball, Reiten, Schwimmen, Leichtathletik – das alles sei an Rhein und Ruhr möglich. Nur für die Segelwettbewerbe 2032 müsse ein Standort außerhalb Nordrhein-Westfalens her – und das soll Warnemünde sein.

Schon dreimal hat sich Warnemünde um olympisches Segeln beworben. Im Duo mit Berlin unterlag die Hansestadt bei der Wahl des Austragungsortes für 2000 der australischen Metropole Sydney. 2012 wollte Rostock mit Leipzig an den Start gehen – doch die größte Stadt Sachsens fiel noch vor der Wahl beim Internationalen Olympischen Komitee durch. Auch mit Hamburg wurde es zuletzt nichts. Nun soll das Ruhrgebiet Rostock endlich zum Glanz der fünf Ringe verhelfen. OB Madsen sagt: „Vor Warnemünde befindet sich Deutschlands bestes Segelrevier. Wir verfügen über eine moderne Hafeninfrastruktur.“

Rostock hat bereits die Infrastruktur

Auch Lübeck und Kiel haben ihren Hut für eine mögliche Bewerbung um 2032 in den Ring geworfen. Der Olympiahafen Schilksee in Kiel, in dem 1972 die Segelwettbewerbe der München-Spiele ausgetragen wurden, ist zwar Olympiastützpunkt der deutschen Segler – aber in die Jahre gekommen. In Lübeck fehlt ein olympiatauglicher Segelhafen bisher.

In Rostock müsste deutlich weniger Geld investiert werden: „Gerade wird der Warnemünder Yachthafen für die Zukunft fit gemacht“, sagt Madsen. Zehn Millionen Euro investieren Land und Stadt in die Erneuerung und Erweiterung des Hafens, der zur Sportschule des Landessportbundes gehört. Zum Sommer 2021 soll alles fertig sein. Dann gibt es 130 neue Liegeplätze im Herzen Warnemündes – dicht dran an den möglichen Olympiazuschauern.

Auch der Yachthafen in Hohe Düne – er war einst Teil der Rostocker Olympiabewerbungen – wäre mit seinen knapp 1000 Liegeplätzen groß genug für olympisches Segeln: 2016 in Rio traten 381 Athleten aus 68 Nationen an, um eine der zehn Gold-Medaillen im Segeln zu erringen. Das dortige Kongresszentrum wäre zudem groß genug für das internationale Medien- und Sendezentrum.

Olympisches Dorf auf der Mittelmole?

Ein olympisches Dorf – das Zuhause für die Athleten, Betreuer, Wettkampfrichter – hingegen fehlt noch in Warnemünde. Spekuliert wird nun, ob Madsen möglicherweise auch deshalb die Bebauungsideen für die Mittelmole gestoppt hat – um dort Platz für das Olympiadorf freizuhalten. Das Areal in direkter Nachbarschaft zur Sportschule und zu den Liegeplätzen böte sich förmlich an für den Bau von Sportlerwohnungen. Der Stadtsprecher sagt aber: „Die Mittelmole kommt aus Sicht von Madsen nicht als olympisches Dorf infrage.“

Rostock und Warnemünde seien aber bereits auf die zehntausenden Besucher vorbereitet, die für die Spiele anreisen: „Wir können auf eine erstklassige touristische Infrastruktur verweisen, die sich auch seit den bisherigen Bewerbungen um olympische und weitere Top-Segelwettbewerbe immer weiterentwickelt hat“, so der OB.

Land wartet auf Signale aus dem Rathaus

Nachdem sich Sportministerin Stefanie Drese anfangs zurückhaltend zu einer Rostocker Bewerbung äußerte, scheint nun das Land die treibende Kraft zu sein: Bereits Mitte März war ein Gespräch zwischen DOSB-Chef Hörmann und der Ministerin geplant. Es musste wegen der Corona-Krise abgesagt werden. Aus dem Ministerium heißt es, das Treffen soll alsbald nachgeholt werden.

Der DOSB habe bereits eine Vorentscheidung für eine Bewerbung der Rhein-Ruhr-Region getroffen, sagt Dreses Sprecher Alexander Kujat. „Gleichzeitig wäre auch eine Bewerbung Berlins um die Spiele 2036 oder 2040 interessant und naheliegend.“ Noch im zweiten Quartal, so heißt es aus Schwerin, wolle sich der Sportbund klar positionieren. „Im zweiten Halbjahr 2020 könnten wir dann in einen intensiven Dialog mit Nordrhein-Westfalen gehen“, so Kujat.

Das Land hat bereits einen Fahrplan, ausgerechnet der Stadt scheint der bisher aber zu fehlen: „Rostock hat noch keine Gespräche mit uns über eine olympische Bewerbung geführt“, heißt es aus dem Umfeld der Sportministerin. Viel Zeit bleibt Madsen nicht mehr: Am 5. Dezember will der DOSB offiziell über eine Bewerbung entscheiden. „Bis dahin muss Rostock sich auch offiziell positioniert haben.“

Tourismusbranche für Olympia

Druck macht nun auch die Urlaubsbranche: Rostock müsse sich schnell positionieren, sagt der Geschäftsführer des Tourismusverbandes MV, Tobias Woitendorf. Rostock soll sich nicht nur für Segeln, sondern auch für „Mannschaftssport“ anbieten – Vorrundenspiele im olympischen Handball etwa. „Das könnte Rostock und der Region weiteren Antrieb geben. Und zwar in zweierlei Hinsicht: einmal in die internationale Sphäre, in die wir bislang nur bedingt gedrungen sind, und einmal in Richtung größeres Selbstvertrauen und Zusammengehörigkeitsgefühl vor Ort.“